Der Entschluss, auch in Afrika in den Bereichen Design und Marketing zu arbeiten, war schnell gefasst. Schließlich ist man immer in dem am besten, das man liebt. Wieso sollte ich also nicht mein Studium in Kommunikationsdesign nutzen und auch in Afrika in dem Bereich arbeiten, der mir in Deutschland so viel Freude bereitet?, sagte ich mir und schrieb auf einer imaginären Notiz unter „Mission“ die Worte „kultureller Austausch“ und „Wissenstransfer“.

Ein Versuch ist es wert. Und die Stellenausschreibung, als Volontärin ein familiengeführtes Reisebüro in Marketing- und Designfragen zu unterstützen, ließ mein Herz höher schlagen. Faszination, Aufregung, Neugier. Abenteuer Afrika, fremdes Kenia. Bei dem Gedanken an das Land, geprägt mit bunten Bildern aus Film und Fernsehen, kribbelte es in meinen Fingerspitzen. Ich muss jetzt los. Nein, doch nicht, viel zu gefährlich. Aber wunderschön. Wie ist es denn eigentlich wirklich? Kurz darauf war der Flug gebucht. Die Neugier siegte. Ich muss das einfach testen.

Angekommen. Und auch irgendwie nicht. Afrika ist nicht nur geografisch weit von Deutschland entfernt, auch in puncto Design trennen die Länder Welten. Meine Arbeit war – typisch deutsch – schnell wieder aufgenommen. Mit so viel Tatendrang machte das Reisebüro scheinbar ganz neue Erfahrungen. Wir sind nicht als Tourist nach Afrika gekommen, wir wollen helfen. Warum also nicht direkt anfangen? Drei Wochen später fehlten uns immer noch die Zugangsdaten für den Server. Der ursprüngliche Wunsch unserer kenianischen Kollegen, neue Bilder auf deren Webseite zu stellen, verlor sich letztendlich in der Pole-pole-Mentalität der Kenianer. Langsam, langsam. Was du heute kannst besorgen, das geht auch noch morgen. Man gewöhnt sich an alles. Und so schalten auch wir zwei Gänge zurück. Im Tempo eines Kenianers – oder zumindest eines in Kenia lebenden Deutschen – machten wir uns also an die Konzeption und Gestaltung eines neuen Unternehmensflyers mit Infos über Angebot und Preise. Bei Konzeption, Markenentwicklung und inhaltlicher Ausarbeitung versuchten wir, die zahlreichen in den Weg gelegten Stein zu ignorieren. Geduld, Geduld. Weitere zwei Wochen später lagen uns die neuen Kostenkalkulationen vor und der doppelseitige Flyer zum aufklappen konnte nach knapp anderthalb Monaten nun endlich fertiggestellt werden. „Time is money“ zählt in Afrika nicht.

Auf in die Druckerei! Um zumindest die wenigen Touristen, die sich derzeit nach Kenia verirren, in unser Reisebüro zu locken, sollten 1000 neue Flyer gedruckt werden. Die Datei war aufgeräumt, das PDF gespeichert. Es steht nichts im Wege. Als wir unseren Probedruck zur Erklärung des doppelseitigen Dokumentes vorzeigen, fragte uns der Drucker, ob er diesen (mittlerweile völlig zerknickten, da vielerorts herumgereichten Lappen) einscannen und drucken solle. Dass wir ein digitales PDF dabeihaben, zauberte ihm ein Lächeln aufs Gesicht. So viel Professionalität und Vorarbeit tritt hier scheinbar selten zutage. Warum sein Mitarbeiter aus der Druckvorstufe letztendlich trotzdem die Schriften auffettete, eine feine Pünktchen-Linie gegen dicke Striche tauschte und vorhandene Beschriftungen willkürlich löschte, wird wohl immer sein kleines Geheimnis bleiben. In Kenia werden „Designleistungen“ häufig kostenlos von den Druckereien erstellt. Vielleicht der erste, wirklich übereifrig arbeitende Kenianer, den wir treffen.

Die Farben stimmten. Und das ist den Kenianern deutlich wichtiger, als ein paar Fehler im Schriftbild oder Unsauberkeiten. Leuchtende Farben bringen leuchtende Augen. Zudem ließ sich der zweite Druck (ohne die – ausdrücklich nicht gewünschte -Nacharbeit des Druckers) wirklich sehen. Ich war begeistert, die notwendige Vorabreit für einen schönen Druck war nach gerade mal anderthalb Stunden getätigt, das Papier ausgewählt, die Kosten kalkuliert. Meine Kollegen freuten sich über die Unterstützung. Tagesziel erreicht.

Zeit, zum Strand zu gehen.

 

Dinge, mit denen man als Designer in Afrika rechnen muss

1. Hakuna Matata

Unsauberes arbeiten ist in Kenias Designsprache kein Zeichen von fehlender Professionalität, sondern viel eher eine Nebenerscheinung des völlig lässigen Lebensstils.

2. Immer mit der Ruhe

In Afrika muss kein Design zwischen Tür und Angel erstellt werden – Zeit ist reichlich vorhanden. Das heißt natürlich auch, dass man selbst öfters länger warten muss als erwartet.

3. Was drauf steht, muss nicht drin sein

Angaben a la Pi-mal-Daumen sind eher die Regel, als die Ausnahme. Möchte man wirklich sichergehen, dass bspw. eine Druckerei auch A3-Formate druckt, sollte man besser vorher anrufen. Auch Öffnungszeiten hängen oftmals von der Gemütslage der Mitarbeiter ab.

4. Preisstrukturen

Dienstleistungen werden oft als Gratiszugabe verstanden. Der Preis wird in der Regel einzig und allein durch die Materialkosten definiert, Druckerzeugnisse haben europäisches Preisniveau.

5. Definition Design

Der Begriff ist nicht geschützt und so existieren auf dem Markt auch viele „Designer“, die ausschließlich mit Microsoft Office arbeiten.

6. Lustig ist es

Afrika ist farbenfroh und schräg, Trash-Liebhaber werden definitiv auf ihre Kosten kommen.

7. Auf der Suche nach Schönem

Afrika inspiriert ungemein. Die bestehenden Designs tragen dabei aber den kleinsten Teil bei. Vor allen Dingen im Bereich Packaging Design besteht viel Luft nach oben, die schönsten Packagings sind importiert.

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