Drei Augenblicke im Dolce Vita der Toskana

Versteckt hinter baufälligen, sich in endlosen Schleifen den Berg hochschlängelnden Serpentinen oder im Kellergeschoss enger Seitenstraßen verborgen und in den bunten, auf historische Sehenswürdigkeiten fokussierten Reiseführern schlichtweg übergangen: Es gibt sie noch, die wahre Toskana und mit ihr das wahre Italien – zumindest so, wie wir es uns immer vorgestellt haben. 

Vor der Bar La Speranza, im südwestlichen Teils der Region Colle di Val d’Elsa, treffen sich Bauern und Dorfbewohner zum Nachbarschaftstreff und gönnen sich zur wohlverdienten Mittagspause Paninis und Bier. Ab und zu kommt ein Bauarbeiter oder ein Handwerker vorbei, um am Tresen einen Caffee Espresso zu trinken. Es gibt keine Karte, keine Tischdecken, aber einen Cappuccino, der das Angebot der großen, internationalen Kaffeehäuser bei Weitem übertrifft.

Auch auf dem Dorfplatz vom naheliegenden Casole geht es noch beschaulich zu. In der Mittagssonne scheint der Großteil des Dorfes zu schlafen, die Geschäfte sind geschlossen, kaum ein Mensch zeigt sich auf dem zentralen Piazza. Einzig in der Dorfschenke herrscht etwas Leben – zumindest die draußen stehenden Tische sind gut besetzt. Auf der anderen Straßenseite wartet seit einer guten halben Stunde ein gut gebräunter, kahlköpfiger Italiener und beobachtet das Treiben im Restaurant. Ein klappriger Lieferwagen fährt ein, aus dem Fenster heraus übergibt der Fahrer dem Wartenden ein Paket. Sonst passiert nichts.

Volterra, Toskana, Italien

Um in Kontakt mit Einheimischen zu kommen, um ein wenig des authentisch italienischen Lebens mitzubekommen, muss man aber nicht zwangsweise auf die kleineren, abgelegenen Dörfer ausweichen. Auch in den Vororten oder zumindest abseits des historischen Altstadtkerns der Großstädte lassen sich noch wahre Schätze entdecken. Dazu zählt auch das Bistro La Prosciutteria in Siena, wo man sich das Besteck noch selbst an die winzigen vor dem Lokal liegenden Holztische bringen muss und stilecht von Plastiktellern isst. Englisch spricht hier keiner, umso besser ist das Essen: Es gibt Crostini mit Trüffel und Käse, hauchdünn geschnittene Fenchelsalami und in Olivenöl gebackenes Gemüse. Der Wein kommt aus der Region und wird in selbstabgefüllten, etikettenfreien Flaschen serviert -italienisches Dolce Vita wie aus dem Bilderbuch.

Val d'Elsa, Toskana, Italien

Vielleicht mag es daran liegen, dass es noch ein paar Wochen dauern wird, bis in den Sommermonaten die großen Touristenströme eintreffen. Sicherlich, spielt auch der Umstand, dass Werktag ist, eine gewisse Rolle. Schon jetzt zeigt sich am Wochenende ein – wenn auch nur geringfügig – anderes Bild. Nichtsdestotrotz ist der ein oder andere Ort wie das verschlafene Chiusdino oder das charmante Montalcinello schlichtweg nicht auf den jährlichen Andrang unzähliger Reisender aus aller Welt vorbereitet. Und so findet man sie hier noch, die einfache, bodenständige und  vermutlich originale Toskana.

Volterra, Toskana, Italien
Toskana
Florenz, Toskana
Florenz, Toskana