Wir wollten nie zu denjenigen Touristen gehören, die das echte Kenia hinter ihren Hotelmauern nur erahnen können.

Für unseren Besuch im Bombolulu-Slum baten wir unseren Gastbruder um seine Begleitung. Als Sohn einer Bauernfamilie ist Mwangi selbst unter sehr einfachen Bedingungen in einem Slum aufgewachsen und gab unserer Bitte ohne Zögern und sichtbar gerne nach. Auf unseren Wunsch, dort nicht mit leeren Händen zu erscheinen, reagierte er mit einem freudigen Lächeln. So zogen wir los und kauften im nächsten Supermarkt Brot und Kekse, bevor wir uns endgültig auf den Weg machten.

Im Zentrum des Bombolulu-Slums angekommen, machte uns Mwangi mit einem etwa 30-jährigen, breitschultrigen Kenianer namens Djabo bekannt, der uns für ein kleines Trinkgeld durch seinen Geburtsort führen sollte. Djabo ist in der Gemeinschaft ein sehr angesehener Fußballspieler und für uns der ideale Begleiter, um einen vertrauensvollen Kontakt zu den Dorfbewohnern herzustellen. Ohne seine Begleitung und Mwangis Vermittlertätigkeit wäre ein derartiger Einblick nicht möglich gewesen und wir sind für die Hilfe der beiden sehr dankbar.

Auf dem Dorfplatz erregten wir schnell Aufmerksamkeit. Mzungus („Weiße“) verirren sich anscheinend nur selten in diese Gegend, so blieben viele Kinder stehen, um uns mit großen Augen anzuschauen. Sie winkten, lächelten und fragten uns, wie es uns geht. Manche fassten allen Mut, um eine kurze Berührung mit der unbekannten weißen Haut zu erhaschen. Bei der Menge an Menschen kamen wir uns mit unseren Mitbringseln schon beinahe lächerlich vor, was durch die allgemeine Freundlichkeit und von Herzen kommende Dankbarkeit aber schnell verflog. Unser initiales Vorhaben, Brot und Kekse paketweise zu verteilen, wurde durch die erschreckende Tatsache, dass die Kinder ihre Hand nach nur einer einzigen Scheibe Brot ausstreckten schnell revidiert.

In den kommenden zwei Stunden, auf unserem Weg quer durch das Bombolulu-Areal, sprachen wir mit vielen Slum-Bewohnern über ihren Alltag, ihren Beruf und ihre Familien, lernten viel über die Lebensumstände und verteilten hier und dort Kleinigkeiten an die Familien und Kinder. Wir erlebten, wie die Dorfgemeinschaft einen entlarvten Dieb in gnadenloser Selbstjustiz mit Stöckern und Fäusten aus der Nachbarschaft verbannte, wie aus einigen leeren Plastikflaschen ein geliebtes Spielzeugauto und aus einem alten Fahrradreifen ein Spielgefährte wird, wie die Miete von rund neun Euro (für eine Lehmhütte ohne Wasser und Strom) jeden Monat einen neuen Kampf darstellt und wie sich meterlange Warteschlangen aus Plastikkanistern vor den Frischwasserstellen bilden. Ständig begleitet von einer großen Schar interessierter Kinder, versuchten wir möglichst viele unserer Eindrücke und Erlebnisse – für euch und uns – festzuhalten.

Die Details des tatsächlich Gesehenen in Worte zu fassen, ist an dieser Stelle kaum möglich. Vielleicht sind unsere Bilder aber ein Anfang.