„Oh, man!“ Der Italiener flucht. Erstaunlich wie man in zwei so kurze englische Wörter so viel Akzent und so viel Emotionen stecken kann. Mamma mia. Natürlich geht es wieder einmal um Frauen. Und wenn es nicht um Frauen geht, dann um Fußball, die Feier letzter Nacht oder ums Essen. Nur wenn es ums Studieren geht, bleibt die Leidenschaft irgendwie aus. Zu langweilig, zu viel, aber vor allem zu früh. Egal, zu welcher Zeit.

Noch entspannter betrachten nur die Inder ihr Studium, die uns jeden Morgen aufs Neue mit einem schier unendlichen Dr-Best-Lächeln begrüßen. Ihr Akzent ist dabei beinahe noch komischer, wenn auch gleich sympathisch. Die braungebrannte Gruppe Halbstarker repräsentiert Tanz- und Feierlaune wie im besten Bollywood-Film. Jeden Tag steht irgendwie, irgendwo, irgendwas an, zum Studieren bleibt da nun mal keine freie Minute.

Auf der anderen Seite stehen die Chinese. Mit Starbucks-Bechern, extravaganter Kleidung und einem überdimensionierten, an der rechten Hand scheinbar festgewachsenem Smartphone belagern sie stets die ersten Reihen im Vorlesungssaal. Wenn der Inder noch halbverkatert über der neusten Version von Angry Birds vegetiert, hat sein nördlicher Nachbar bereits drei DIN-A4-Seiten mit kryptischen Notizen gefüllt. Vieles davon, aufgrund der Sprachbarriere falsch. Schmeißt der Inder im Club alle seine Gliedmaßen umher, kämpft der Chinese in der Universitätsbibliothek mit Fachliteratur und der englischen Sprache. Nicht das die Inder das nicht nötig hätten, sie interessiert es nur nicht.

Andere Länder, andere Sitten. Was sich im Privaten problemlos ertragen, meist sogar genießen lässt, wird in Projektarbeiten zur Zerreißprobe. Hier prallen die Kulturen aufeinander. Der Italiener gestikuliert, der Grieche philosophiert, der Deutsche argumentiert. Da er nichts versteht, ist der Chinese frustriert. Und der Inder? Der ist gar nicht erst erschienen.

Am Abend vertreten wir uns kurz die Beine und laufen zum nächsten Supermarkt, um einige Minuten später bei einer us-amerikanischen Freundin Vollmilch gegen frisch gebackene Zimt-Cookies zu tauschen. Für die USA gewohnt bequem, für die Deutschen ein guter Deal. Typisch für wohl beide Nationen.

In der Gemeinschaftsküche nebenan riecht es orientalisch. Die Afrikaner kochen gerade einen Hühnereintopf und unterhalten sich dabei lautstark mit ihrer Familie über Gott und die Welt per Videochat. Als die Tür geöffnet wird, betreten eine Indonesierin, ein weiterer Deutscher, eine Argentinierin und weitere Studenten aus aller Welt den Raum. Es wird laut, chaotisch und lebendig. Kurz gesagt: Multikulti wie wir es lieben.