Wein und Familienleben im Hunter Valley

Das breite Grinsen im Gesicht zieht sich nur kurzzeitig zurück, als wir so tun, als ob wir nie etwas anderes gemacht hätten, und die entgegenkommenden Fahrzeuge souverän grüßen. Easy going, dank unseres Golfautos integrieren wir uns – trotz des deutlich sichtbaren Altersunterschiedes – perfekt in die Umgebung des The Vintage Gulf Clubs. So schnell wendet sich das Blatt und das Schicksal verwandelt dich vom Backpacker zum Lebemann. Befanden wir uns gerade noch in unserer eher spartanischen Unterkunft im Zentrum Sydneys, kutschieren wir nun durch das Herz des Hunter Valleys, einem der ältesten und bekanntesten Weinanbaugebiete Australiens. Ein längst zum Klassiker aufgestiegener Song von Dinah Washington kommt mir in den Kopf, er könnte die Wandlung kaum besser zusammenfassen: „what a difference a day makes, 24 little hours“.

Nach jeder Menge Haus- und Gartenarbeit, Poolreinigung, Babysitten und Co. verbringen wir den freien Nachmittag bei einer gepflegten Spazierfahrt durch die hiesige Vorzeigenachbarschaft. Hier reihen sich die schicken Neubauten der australischen Oberschicht aneinander und bilden einen modischen Mantel um die immergrüne Golfanlage. Außerhalb der Wohnsiedlung erstreckt sich das Valley über endlose Weingärten, gediegene Gutshäuser, gemütliche Cafés, teure Restaurants und zahlreiche Delikatessengeschäfte für handgemachte Schokolade, Käsespezialitäten oder regionales Olivenöl.

Der erste Kontakt zu unserer neuen Gastfamilie kam nur wenige Stunden zuvor und erfolgte über die Platzform Helpx.net, auf der – ähnlich dem hier weit verbreiteten Wwoofing – Unterkunft und Verpflegung gegen Arbeitskraft getauscht werden. Auch wenn die Kontaktanfrage der Obriens genau wie deren Profil eher sachlich und nur wenig informativ war, sagten wir wenige Mails später spontan zu. She’ll be alright, wie die Aussies zu sagen pflegen – und es ist „alright“. Selbst wenn es immer einiges zu tun gibt und die zwei- und einjährigen Kinder Sophia und Tomas uns gut auf Trapp halten, nach dem ersten Glas Wein und einer ersten Kostprobe von Brians Rosmarin-Lammbraten auf der Terrasse sind alle Anstrengungen schnell vergessen.

Der nächste Tag beginnt genauso australisch wie wir den letzten ausklingen haben lassen. Nach dem Frühstück springen wir auf die Mountainbikes, während die anderen vier sich das Golfauto teilen. Gemeinsam geht es auf Kängurujagd und damit den vermutlich alltäglichsten Ausflug der vierköpfigen Familie – und schon ist es wieder da, das breite Grinsen.

Golfmobil und Mountainbikes im Hunter Valley