Schon die Village People waren große Fans von Klischees oder sahen zumindest danach aus. Ob als Polizist, Indianer oder Bauarbeiter gaben sich die Musiker scheinbar größte Mühe, die stereotypischen Erwartungen an eine Disco-Band aus den 70er-Jahren zu erfüllen. Aber auch rund um Reisende und andere Kulturen existieren selbstverständlich die ein oder anderen Vorurteile, deren Wahrheitsgehalt nichts besser repräsentiert als ein museumsartiger Besuch im Hostel, bei dessen Highlights eigentlich nur noch die kleinen Beschreibungsschildchen fehlen.

Schon am Anfang des Flures kann man sie riechen, die berüchtigten Kochkünste der Backpacker, welche Tag ein, Tag aus den penetranten Geruch von asiatischen Instant-Nudeln verbreiten. In der Küche unseres Hostels steht heute ein bärtiger, braungebrannter Kerl, der vermutlich noch nie zuvor in seinem Leben einen Herd bedient hat. Sein recht uninspiriertes Gericht, Fleisch ohne jegliche Beilagen, brät er leidenschaftslos bis es halb roh ist. Ob das besser ist als Fertignudeln, ist wohl eine Geschmacksfrage. Zu seiner Linken verwirklicht sich eine vermutlich vegane Öko-Vagabundin im Batik-Shirt im Gemüseschneiden für ihr rotes Gemüsecurry mit Tofu und Reis.

Auch in der Lobby herrscht ein buntes Treiben. Während sich eine Amerikanerin in der Sofaecke über die unzähligen Witze einer Fernsehserie freut, liefert sich eine Gruppe Chinesen einen erbitterten Kampf am Ping-Pong-Tisch. Dabei landet ihr Ball immer wieder auf dem Notebook zweier Deutscher (wir), die konzentriert in ihrer Arbeit versinken. Noch konzentrierter wirkt einzig und allein ein einsamer Nerd, der auf dem Boden vor dem Tresen der Rezeption jeden Tag aufs Neue ein und dasselbe 1000-Teile-Puzzle legt.

Kurze Zeit später klappen wir den Rechner zu und begeben uns zum Fahrstuhl, auf dem Weg zum fünften Stock treffen wir einen großgewachsenen Maori-Bauarbeiter in orangefarbener Warnweste. Ich kann nicht anders und summe „it’s fun to stay at the YMCA“ leise vor mich hin.